Vergangenheitsbewältigung ist nicht gesellschaftsfähig!
Der gestrige Besuch in Kirchberg am Wagram war für mich eine Zeitreise in die 60er Jahre. Lange suchte Karl Wolfgang, Franz Josef Stangl und ich Unterlagen über diese Folterstätte zu finden, wir wurden immer wieder enttäuscht, dass nichts, ja nicht einmal übers Internet, über dieses Folter-Gefängnis geschrieben wurde. Koarl hatte einen kleinen Zettel mit 4 Ziffern versehenen handschriftlichen Vermerk, dass er am soundso vielten nach Kirchberg transferiert worden ist.
Unbehagen hatte ich in der Magengegend, als Karl Wolfgang, endlich seine Geschichte aufarbeiten konnte und er öffentlich die Republik angeprangert hat, die mit Wissen und Schweigen der Zustände in KE und Kirchberg am Wagram, geduldet hat. Tränen standen mir in den Augen, als Koarl die pädagogischen Foltermethoden der Wärter und Erzieher, an ihm, mit unterdrückter, emotionsgeladener Schilderung den 300 Besuchern näher brachte. Rundum standen Menschen, mit offenem Munde und Tränen in den Augen. Fassungslosigkeit machte sich unter den Besuchern bemerkbar. Jeder hatte still und aufmerksam den Worten Koarls gelauscht. Man spürte ein Knistern in seiner Wortwahl. Ja ich spürte, wie er es in die Welt hinaus schreien wollte, was diese UN-Menschen an Erziehern und Wärtern für Verbrechen an junge Menschen vollbracht hatten, ja wehrlose Jugendliche gefoltert hatten. Die Hoden mit Zigaretten verbrannt hatten und sich über diesen Missbrauch noch lustig machten, ohne selber dafür zur Verantwortung gezogen worden zu sein. In diesen Mauern verstummten die lautesten Schreie. Niemand hörte diese. Alle haben die Ohren und die Augen geschlossen gehabt... Meine Tränen versiegten, als Koarl die Schlussworte sprach, dass er jetzt mit dem Kapitel Kirchberg am Wagram abschließen kann...
Hatte ich nicht ähnliche, systembedingte Erziehungsmethoden erdulden müssen? Gewalt an Kindern und Jugendlichen wurde von der schwarzen Pädagogik und schwarzen Psychologie verherrlicht. In mir wurden Erinnerungen wach. Wie mir Erzieher Neuwirth das Kopfkissen auf dem Mund und Nase drückt, so dass meine Atemwege versperrt waren und ich um Luft ringen musste, weil ich es gewagt hatte, seinen sex. Trieb nicht mitmachen zu wollen. In meinen Händen spürte ich den Zatopek schnalzend herabprasseln. Das Wasser hatte sich in meine Atemwege der Nase und in meinen Ohren geflüchtet, als mir der Erzieher den Kopf ins Wasser gefüllte WC-Becken drückte. Die Schranzhocke ließen meine Beine wieder schmerzlich erzittern. Die innerliche Ruhe kam erst wieder, als wir unter Koarls Leitung die Häfn-Zellen begehen durften.
Kalte Luft stand in den Räumen und ließen erst recht Koarls Worte aufleben. Ich musste mich ablenken, zu stark beeinflusste mich die Häfen-Kulisse und ich wurde unruhig. Ich nahm mein Smartphone und fotografierte drauf los, um mich etwas abzulenken. Im Knast-Keller spürte ich abgestandene, kalte, stinkende Luft. Ja, ich muss aus dem Gebäude raus. Noch immer in Gedanken versunken war ich überzeugt, die Menschen können grausam mit Mitmenschen umgehen... Ich habe jetzt wieder erfahren, dass Grausamkeit kein Ende in seiner Steigerung hat, wenn Menschen solche Foltermethoden erfinden können und dürfen... Wann war für uns mit dieser Erziehungsmethode Schluss?
Die gezeichneten Wörter und Hilferufe im Sand hört niemand, man hat diese mit den Füßen getreten, um sie unkenntlich zu machen. Wie in den 50er und 60er Jahren....
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